Autobahnanschluss soll Anlieger und Straßennetz entlasten
Die Entwicklung von gate.ruhr sieht die Ansiedlung von Industrie- und Gewerbebetrieben mit bis zu 1.000 neuen Arbeitsplätzen vor. Um das Verkehrsnetz und Anwohner zu entlasten, haben die Stadt Marl und RAG MI die zu erwartenden Verkehrsströme intensiv analysieren und Alternativen für die verkehrliche Erschließung entwickeln lassen. Im Fokus steht die Anbindung über einen neuen Anschluss an die A52 oder A43. „Uns liegt sehr daran, die Verkehrsbelastung der Anlieger an der Carl-Duisberg-Straße so gering wie möglich zu halten“, erklärt Bürgermeister Werner Arndt.
Die Perspektiven für die Verkehrsanbindung haben sich im Laufe des Projektes verändert: Die ursprüngliche Verkehrsplanung hatte vorgesehen, das neue Gewerbegebiet über die Nordstraße durch den Chemiepark von Westen zu erschließen. Mit der Ansiedlung des Metro-Zentrallogistiklagers bestand diese Option nicht mehr, weil der Anschluss der A52 nicht genug Kapazitäten für das Metro- und das gate.ruhr-Areal geboten hätte. „Wir sind quasi vom Erfolg dieser für Marl und die Region wichtigen Ansiedlung überholt worden und mussten für gate.ruhr neue Lösungen finden“, so Bürgermeister Arndt. Deshalb wurden insgesamt sechs Verkehrsvarianten untersucht.
Neue Lösungen gesucht und geprüft
Im Frühjahr wurde vom Gutachterbüro Spiekermann Consulting Engineers ein neues Verkehrsgutachten erstellt, im dem insgesamt sechs denkbare Varianten der Verkehrsführung gegenübergestellt wurden, darunter auch eine von der Politik angeregte Anbindung über den Bossendorfer Damm auf Halterner Gebiet.
Eindeutige Empfehlung
Das Ergebnis des Verkehrsgutachtens war – auch für die Experten überraschend – sehr eindeutig: Die Gutachter empfehlen die Schaffung eines neuen Autobahnanschlusses, um den zusätzlichen Verkehr über die Hülsbergstraße und Marler Straße auf das Areal von gate.ruhr zu leiten. „Nach heutigem Stand sind drei Varianten denkbar, die mittelfristig eine deutliche Entlastung für Anwohner und das gesamte Verkehrsnetz bringen“, erklärt Baudezernentin Andrea Baudek.
Weiterverfolgt werden sollen im Detail folgende Varianten:
- ein Autobahnanschluss an die A43
- mit Nutzung der vorhandene Auf- und Abfahrt am Rastplatz (Variante 1) oder
- am ehemaligen Schacht 6 von Auguste Victoria (Variante 2) oder
- ein Autobahnanschluss an die A52 (Variante 6).
Bei der Variante 1 könnten die vorhandenen Auf-und Abfahrten genutzt werden, zusätzlich müsste eine Brücke errichtet werden. Im Unterschied dazu könnte bei der Variante 2 die – über Jahre vom Bergbau für Bergeverkehr genutzte – Unterführung in die Planungen einbezogen und neue Anschlussrampen an der A 43 errichtet werden.
Variante 3 sieht eine neue Abfahrt an der A 52 südwestlich vom Autobahnkreuz
Marl-Nord vor und führt den Verkehr von dort über die Hülsbergstraße und Marler Straße zum Areal von gate.ruhr.
Fahrtzeitgewinn durch Anbindung im Norden erwartet
Ein wichtiger Bestandteil jedes Verkehrsgutachtens ist eine realistische Einschätzung, ob die neue Verkehrsführung auch angenommen würde. Diese Frage beantworteten die Gutachter vom Büro Spiekermann mit einem klaren Ja: Eine neue Abfahrt an A43 bzw. A52 und die Anbindung im Norden würde in zahlreichen Fällen einen Fahrtzeitgewinn bedeuten und dürfte sich als Alternative für private Fahrten und den Berufsverkehr rasch etablieren.
Zügige Umsetzung durch kommunales Bauleitverfahren
Für einen neuen Autobahnanschluss im Marler Norden spricht außerdem ein weiteres Argument: Da für diese Lösung kein Planfeststellungsverfahren notwendig ist, wäre die Stadt Marl Herr des Verfahrens und könnten die Umsetzung entsprechend zügig angehen. Ziel ist ein kommunales Bauleitverfahren in enger Abstimmung mit Straßen.NRW und mit dem Bund. „Im Idealfall könnte der Anschluss an die A43 oder A52 bis 2025 realisiert werden, und damit noch in der Anlaufphase des neuen Gewerbe- und Industriegebietes gate.ruhr“, erklärt Bürgermeister Werner Arndt. Auch das wäre eine Rekordzeit, da Planfeststellungsverfahren zu Autobahnanschlüssen sonst bis zu 15 Jahren dauern können.
Entlastung für Anwohner sowie für die Stadteile Lenkerbeck und Sinsen
Die favorisierten Varianten 1, 2 und 6 bieten aus Sicht von Gutachtern und Planern die Chance auf eine nachhaltige Entlastung: So könnte der Lkw-Verkehr auf der Carl-Duisberg-Straße im günstigsten Fall (Variante 6) auf ein Drittel des prognostizierten Verkehrsaufkommens reduziert werden. Bei den Pkw ist sogar eine absolute Reduzierung von heute 7.160 auf bis zu 5.020 Fahrzeuge pro Tag möglich. Die Gesamtbelastung würde somit auf ein Niveau sinken, das noch niedriger ist als zu Zeiten des aktiven
Bergwerks. Ein erfreulicher Nebeneffekt: Auch die Stadtteile Lenkerbeck und Sinsen profitierten von der Entlastung.
„Bei allen Prognosen zum Verkehrsaufkommen muss berücksichtigt werden, dass die Vollauslastung von gate.ruhr erst 2030 erreicht sein dürfte“, sagt Dr. Manfred Gehrke,
Leiter der städtischen Wirtschaftsförderung. Die Mehrbelastung auf der Carl-Duisberg-Straße dürfte auf einen überschaubaren Zeitraum bis zur Eröffnung des neuen Autobahnanschusses begrenzt bleiben, so die Prognose. Bis dahin strebt die Stadt Marl an, die Auf- und Abfahrten zur A 52, die Ampelanlage sowie die Rad- und Fußwege zu optimieren und die Brücke über den Loemühlenbach zu erneuern.
Für die Machbarkeitsstudie haben das Bundes- und Landeswirtschaftsministerium Fördermittel in Höhe von ca. 1,8 Millionen Euro bereitgestellt, darunter Fördermittel der europäischen Union aus dem Fonds für regionale Entwicklung.